Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Niedersachsen
Nach Zweifeln am Traumberuf Engagement im Betriebsrat

Als junger Redakteur hatte ich zunächst mit Betriebsrat oder Gewerkschaft nicht viel am Hut. Ich wollte nur möglichst schnell und möglichst viel als Journalist arbeiten, je nach Nachrichtenlage auch an Wochenenden und Feiertagen oder auch nachts. Das tat ich, schnell über Gebühr und mehr, als ich es vertragen konnte. Aber es gab damals ein gutes Tarifgehalt und für einen Berufsanfänger relativ viel Urlaub (33 Tage). Als der schon während meiner ersten Tarifverhandlungen, die ich damals noch passiv erlebte, eingedampft wurde, bekam ich erstmals Zweifel am zuvor gefühlt fairen Deal in meinem Traumberuf.

 

Die Jahre gingen ins Land, das Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben geriet zunehmend in Schieflage. Spätestens mit den absehbaren Verschlechterungen meiner Arbeitsbedingungen, die die Übernahme der Braunschweiger Zeitung durch die damalige WAZ-Gruppe aus Essen (heute Funke) mit sich brachte, war klar: Du musst etwas machen, Du musst aktiv werden! Das geht nun einmal am besten als Mitglied in einem Betriebsrat.

 

Mitarbeiter in einem Unternehmen ohne Betriebsrat haben schnell sehr schlechte Karten! Denn zu oft entpuppen sich die vermeintlich cleveren Tricks der heutigen Zeitungsmanager bei genauem Hinsehen schlicht als Gesetzesverstoß, vermeintliche »Freiwilligkeiten« werden schleichend aber sicher zur Dienstpflicht. Gibt es keinen Betriebsrat, der die gesetzlich vorgeschriebene Mitbestimmung einfordert, werden beispielsweise unzählige Überstunden, Rufbereitschaften, Schichtdienste, selbst zu tragende Benzin- oder Reparaturkosten, fehlende Schulungen bei Neuerungen und ähnliches schnell zu einer Selbstverständlichkeit – weit am bestehenden Arbeitsvertrag oder am Arbeitszeit- oder Betriebsverfassungsgesetz vorbei. Die Personalplanung in den Abteilungen geht häufig vorsätzlich an der Realität vorbei.

 

Die Folge: Die Menschen arbeiten sich kaputt, dürfen nicht in ihrem Beruf alt werden, werden vorher ausgegrenzt und schließlich nicht weiterbeschäftigt. Zudem wird es schwer werden, Nachfolger zu finden, wenn die Arbeitsbedingungen zunehmend abschreckend und unattraktiv sind.

 

Es fühlt sich gut an, von Menschen umgeben zu sein, die sich für andere, die es womöglich nicht selbst können, einsetzen! Deswegen, und damit mein Traumberuf nicht zum Albtraum wird, kandidiere ich wieder als Betriebsrat und werde, in einem möglichst vernünftigen Austausch, darauf achten, dass Verträge, Tarifverträge, Gesetze und Betriebsvereinbarungen gelten. Wer das nicht will, soll mich nicht wählen!

Arne Grohmann

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