Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Niedersachsen

Berichterstattung zur Klimakrise

Fragen an Joachim Braun, Chefredakteur der Ostfriesenzeitung


Die Klimakrise gewinnt auch an lokaljournalistischer Bedeutung. Mancherorts ist die Landwirtschaft betroffenen, es herrscht Waldbrandgefahr oder es werden Temperaturrekorde gemessen. Schlägt sich das in Ihrer Berichterstattung nieder? Haben Sie Gewichtungen von Themen verändert?

Ja, wir haben unseren Fokus insgesamt verändert und das Thema immer im Blick. Außerdem haben wir im Mai die tägliche Serie „Unser Klima“ gestartet (mit zwei Monaten Verspätung wegen Russlands Feldzug). Die Serie (https://www.oz-online.de/thema/333/Unser-Klima) hat acht Unterthemen, von Küstenschutz bis Wohnen, und einen betont konstruktiven Ansatz. Das heißt, wir wollen herausstellen, was jeder Einzelne tun kann und dazu auch die wirtschaftlichen Chancen erläutern, die sich etwa durch die Energiewende für Ostfriesland ergeben.

Eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe (aus jeder Redaktion eine/r, der besonders für das Thema brennt, organisiert über MS-Teams) betreut die Serie. Die Themenplanung erfolgt zwei Wochen im Voraus, eine Woche vor Erscheinen müssen die Artikel fertig sein, damit man sie für online noch ergänzen/aufpeppen kann. In einem Dossier (Link s. o.) bleiben die Texte zugänglich („long tail“)
 
Haben Sie spezielle Formate zum Thema Klimakrise gelauncht, also zum Beispiel einen Podcast, eine regelmäßige Kolumne oder einen speziellen Newsletter?

Im Zuge der Klimaserie hat unser Videoteam von „Ostfriesen-TV“ ein neues wöchentliches Format entwickelt, den „Klima-Checker“ (https://www.oz-online.de/artikel/1232184/Energie-und-Geld-sparen-das-Klima-schuetzen), außerdem haben wir einen Podcast aufgelegt, der alle 14 Tage erscheint: Die Gradwanderer“ (https://www.oz-online.de/artikel/1250967/Kapitaen-Janssen-sollte-Gift-ins-Meer-pumpen).
 
Glauben Sie, dass es sinnvoll ist, dem Klimathema spezielle Ecken auf der Newsseite/in der Zeitung zu widmen oder sollte der Aspekt generell bei der Berichterstattung mitbeleuchtet werden?
 
Ja, unbedingt, siehe Frage 1, vor allem weil es um die größte Menschheits-Herausforderung geht. Ich bin auch überzeugt, dass wir nur eine Chance haben, auch jüngere Leute anzusprechen, wenn wir dem Thema das richtige Gewicht geben (Ergebnis auch bei #UseTheNews, Vortrag von Alan Rusbridger beim Scoopcamp in HH im Oktober 2021)
 
Wie versuchen Sie zu verhindern, dass Klimaberichterstattung zur reinen Katastrophenberichterstattung gerät? Oder dass Ihrer Redaktion Aktivismus vorgeworfen wird?


Indem wir zwar ehrlich auf die Gefahren und Risiken hinweisen, aber bei jedem Thema auch versuchen, Lösungsansätze zu recherchieren. Dies haben wir auch so kommuniziert: https://www.oz-online.de/artikel/1232630/Jeder-von-uns-kann-seinen-Beitrag-fuers-Klima-leisten. Den Aktivismus-Vorwurf haben wir in den gut zwei Monaten, die die Serie läuft, nicht einmal gehört.
 
Ähnlich wie bei der Corona-Berichterstattung sind beim Klimathema wissenschaftliche Expertise und datenjournalistisches Know-How hilfreich. Planen Sie Ihre Redaktion in diesem Fragen fortzubilden oder gar Neueinstellungen von Fachjournalist*innen?

Ja, wir versuchen uns mit den entsprechenden Gruppen zu vernetzen, zum Beispiel Correctiv, Netzwerk Klimajournalismus, etc. und nehmen auch an deren Workshops teil. Außerdem haben wir Kontakt mit Wissenschaftlern aufgenommen und planen so etwas wie einen Beirat. Da können wir aber noch besser werden.
 

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