Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Niedersachsen
Verbandstag diskutiert »Medienkrieg und Medienkrise«

Ingrid Brodnig ist erst 32 Jahre alt. Doch die österreichische Journalistin und Autorin des Buches »Lügen im Netz« stellte bei der Podiumsdiskussion ziemlich ernüchtert fest: »In den vergangenen zwölf Jahren hat sich die Situation verschlechtert, Journalisten haben ihre Funktion als Gatekeeper verloren. Es kommt zu einer Medienkritik, die dieses Wort nicht mehr verdient.« Brodnig diskutierte jetzt auf dem DJV-Verbandstag in Würzburg mit den Medienwissenschaftlern Horst Röper und Siegfried Weischenberg über das Thema »Medienkrieg und Medienkrise« (so auch der Titel von Weischenbergs jüngstem Buch), moderiert vom DJV-Vorsitzenden Frank Überall.

 

Brodnig sieht einen Grund für die unverhältnismäßige Kritik an Journalisten im Erstarken nationalistischer und repressiver Kreise — in Europa und in den USA. »Diese Kritik speist sich aus Abneigung gegen einen unabhängigen Journalismus«, sagte Brodnig. Horst Röper hat ebenfalls eine  Zunahme an Hass gegenüber Medienschaffenden beobachtet. Diese hinge auch damit zusammen, dass in den sozialen Netzwerken Meinung unkontrollierter geäußert würde. »Da fehlt das Regulativ, das es in der Leserbriefredaktion noch gab.«

 

Siegfried Weischenberg wies auf die neue Intensität von Hasskommentaren hin, die auch mit den veränderten Resonanzböden zusammenhinge. »Einen Teil der Entwicklung haben sich aber die Medien selbst zuzuschreiben, warum werden Internet-Kommentare geduldet« merkte er an. Brodnig hält nichts davon, die Kommentarspalten zu sperren. Stattdessen könnten Journalisten versuchen, Akteure zu Wort kommen zu lassen und so Fake News zu entlarven.

 

Weischenberg kritisierte, dass auch innerhalb der Branche ein destruktiver kritischer Diskurs geführt würde. So würden sich viele Verlagschefs an den öffentlich-rechtlichen Medien abarbeiten, dabei seien die eigentlich »Feinde« doch Amazon und Google. Röper plädierte in diesem Zusammenhang dafür, weiter nach alternativen Finanzierungsmodellen für unabhängigen Journalismus zu suchen.

 

Einig waren sich alle darin, dass eine größere Diversität in den Redaktionen, ein höherer Anteil von Frauen in leitenden Positionen und eine stärkere Berücksichtigung unterschiedlicher Meinungen und Erfahrungen in der Berichterstattung den Medien helfen können, Vertrauen zurückzugewinnen. »Allerdings werden die Redaktionen personell mehr und mehr ausgedünnt, da ist es schwer, für mehr Diversität zu sorgen«, gab Röper zu bedenken.

Christiane Eickmann

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