Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Niedersachsen

Falsch Zeugnis abgelegt: Der NDR und die „Bescheinigung“

Nils Hartung

Nach über zehn Jahren als Fester Freier Mitarbeiter beim NDR habe ich mich aus verschiedenen Gründen im Frühjahr 2022 entschlossen, bei einem neuen Arbeitgeber anzufangen. Ich teilte meiner Redaktionsleitung diese Entscheidung mit und wies auch noch darauf hin, dass sie mir bitte noch mein Zeugnis ausstellen möchten. Nach einigen Wochen erhielt ich von der Personalstelle in Hamburg ein entsprechendes Schreiben, das den schönen Titel „Bescheinigung“ trug.

Ich wandte mich an den NDR und fragte nach, warum ich nach so vielen Jahren, in denen ich für den Sender gearbeitet habe, kein handelsübliches Arbeitszeugnis bekäme. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Das sei aus rechtlichen Gründen üblich, damit die sogenannten Festen Freien keine Möglichkeit hätten, auf eine Festanstellung zu klagen. Auf meinen Hinweis, dass ich den NDR schließlich auf eigenen Wunsch verlasse und daher nicht wirklich das Risiko einer Klage bestünde, hieß es, dass sei eben so von der Rechtsabteilung festgelegt. Die alte Leier und der ewige Unterschied zwischen „fest“ und „frei“.

Irgendwie wurmte mich diese Haltung gewaltig und ich wandte mich an den DJV Niedersachsen. Die Justiziarin Ursula Meschede beriet mich. Nachdem ich ihr die Situation geschildert hatte und auch dargestellt habe, dass ich mir unter Wertschätzung meiner Arbeit nach über zehn Jahren etwas anderes vorstelle, entschieden wir gemeinsam, vor dem Arbeitsgericht zu klagen. Die Reaktion des NDR ließ – erneut – nicht lange auf sich warten: Kurz nach Eingang der Klageschrift kontaktierte die Rechtsabteilung aus Hamburg Frau Meschede, um einzulenken. Ich habe nun mein Arbeitszeugnis, auf dem auch „Zeugnis“ steht – und andere Feste Freie Mitarbeiter hoffentlich auch bald.

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