Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Niedersachsen

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Funke tritt aus Arbeitgeberverband aus - mit Folgen für die Beschäftigten

Funke ist zum 31. Dezember 2022 aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten. Damit endete die Tarifbindung der Funke Medien Niedersachsen GmbH aber nicht zum 31. Dezember 2022. Sie endet erst dann, wenn der jeweilige Tarifvertrag gekündigt wird. Dies kann gravierende Auswirkungen auf alle Funke-Beschäftigten in Niedersachsen haben.

Der Austritt aus dem Arbeitgeberverband heißt Tarifflucht. Das bedeutet, dass die Tarifverträge enden, wenn sie nicht wieder in Kraft gesetzt werden. In tarifgebundenen Zeitungsverlagen wird meist deutlich mehr verdient als bei nicht tarifgebundenen, obwohl bei letzteren meist längere Arbeitszeiten gelten.


In den folgenden Informationen erklären wir einige wichtige Hintergründe zu diesem Thema - und warum Tarifverträge wichtig sind, und und was wir tun müssen, um sie zurückzubekommen.

Was sind Tarifverträge?

Tarifverträge regeln die wichtigsten Eckpunkte eines Arbeitsverhältnisses. Wie hoch ist mein Gehalt? Bekomme ich Weihnachts- und Urlaubsgeld? Wie lange muss ich arbeiten? Müssen Überstunden bezahlt werden? Wie viele Urlaubstage habe ich? Bekomme ich eine betriebliche Altersversorgung? Solche Fragen beantworten Tarifverträge. Von ihnen kann nicht zum Nachteil für Arbeitnehmer*innen abgewichen werden.

  • Flächentarifverträge werden durch Arbeitgeberverbände für eine Vielzahl von Unternehmen mit den Gewerkschaften abgeschlossen.
  • Haustarifverträge werden von einem einzelnen Arbeitgeber mit den Gewerkschaften abgeschlossen.
  • Anerkennungstarifverträge sind Haustarifverträge, die auf den Inhalt eines Flächentarifvertrages Bezug nehmen.
  • Gehaltstarifverträge, wie der Name schon sagt, regeln die Vergütung. Ihre Laufzeit ist oft kürzer, damit regelmäßige Gehaltserhöhungen möglich sind.
  • Allgemeinverbindliche Tarifverträge gelten für alle Unternehmen einer Branche, egal, ob diese im Arbeitgeberverband sind oder nicht. Solche Tarifverträge gelten auch zwingend für Nicht-Gewerkschaftsmitglieder.
    Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung erfolgt durch das Bundesarbeitsministerium oder ein Landesarbeitsministerium.

Wer macht die Tarifverträge?

Tarifverträge werden zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften abgeschlossen. Sie gelten nur für die Unternehmen, die Mitglied in dem Arbeitgeberverband sind, der den Tarifvertrag unterschrieben hat.

Die Tarifverträge gelten für die Mitarbeitenden, die Mitglied in der vertragsschließenden Gewerkschaft sind.

Auch Nicht-Gewerkschaftsmitglieder profitieren von den Tarifverträgen, da diese fast immer auf alle Arbeitnehmer*innen angewendet werden. Nur Gewerkschaftsmitglieder genießen allerdings 100-prozentigen Schutz durch die Tarifverträge. Bei allen anderen können die Bedingungen verschlechtert werden.

Warum sind Tarifverträge so wichtig?

Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass Tarifbeschäftigte 11 Prozent mehr verdienen als Nicht-Tarifbeschäftigte. Die Erfahrung zeigt, dass bei Tageszeitungsverlagen die Gehaltsunterschiede zwischen tarifgebundenen  und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer*innen oft deutlich mehr als 20 Prozent betragen.

Tarifbeschäftigte verdienen mehr und arbeiten in der Regel weniger Stunden. Bei Tageszeitungen sehen die Tarifverträge 36,5 Stunden pro Woche vor. Bei den kaufmännischen Angestellten sind es 35 Stunden pro Woche. Die Arbeitsverträge bei tariflosen Verlagen basieren demgegenüber häufig auf einer 40-Stundenwoche.

Welche Vorteile haben Tarifverträge?

  • Stärkere Verhandlungsposition: Gewerkschaften haben eine bessere Verhandlungsposition als einzelne Arbeitnehmer*innen.
  • Regelmäßige Gehaltssteigerung: Die Gehälter von tarifgebundenen Arbeitnehmer*innen steigen automatisch. Das liegt nicht nur daran, dass Gewerkschaften regelmäßig Gehaltssteigerungen verhandeln. Tarifverträge sehen zudem auch dann regelmäßige Steigerungen vor, wenn man eine gewisse Zeit im Unternehmen beschäftigt ist. Ohne Tarifbindung gibt es solche automatischen Steigerungen nicht.
  • Transparenz: Tarifverträge schaffen Transparenz und Gleichbehandlung. Tarifgehälter orientieren sich an objektiven Maßstäben wie Betriebszugehörigkeit und Qualifikation.
  • Bessere Stimmung: Wer seine Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge selbst mitgestalten kann, ist motivierter und produktiver.

Welche Tarifverträge gibt es bei Funke?

  • Tarifgebunden sind die Redakteur*innen der Funke Medien Niedersachsen GmbH.
    Diese gibt die Braunschweiger Zeitung, Gifhorner Rundschau, Helmstedter Nachrichten, Peiner Nachrichten, Salzgitter Zeitung, Wolfenbütteler Nachrichten und die Wolfsburger Nachrichten heraus. Für sie gilt der Mantel- und der Gehaltstarifvertrag sowie der Tarifvertrag für die Altersversorgung.
     
  • Seit Jahren werden Redakteur*innen und Volontär*innen aber nicht mehr über die Funke Medien Niedersachsen GmbH, sondern ausschließlich über die tariflose FUNKE Niedersachsen Services GmbH – ehemals Funke Medien Niedersachsen GmbH / Service GmbH – eingestellt. Für sie gilt weder der Mantel- und Gehaltstarifvertrag noch der Tarifvertrag für die Altersversorgung, da sie nicht in einem Verlag eingestellt sind, der eine oder mehrere Tageszeitungen herausgibt, sondern in einem „Zuliefererbetrieb“ arbeiten.
     
  • Die Funke Harz Kurier GmbH, die den Harzkurier herausgibt, ist bereits 2010 in die Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OT-Mitgliedschaft) gewechselt. Für neu eingestellte Redakteur*innen gilt lediglich der Tarifvertrag der Altersversorgung, da dieser für allgemeinverbindlich erklärt wurde.

Was bedeutet Tarifflucht bei Funke in Niedersachsen?

  • Funke ist zum 31. Dezember 2022 aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten. Damit endete die Tarifbindung der Funke Medien Niedersachsen GmbH aber nicht zum 31. Dezember 2022. Sie endet erst, wenn der jeweilige Tarifvertrag gekündigt wird.
  • Die Flächentarifverträge für Redakteur*innen können nur vom Verlegerverband BDZV oder von den Gewerkschaften DJV und ver.di gekündigt werden. Die Gehaltstarifverträge können nicht vor dem 30.04.2024 gekündigt werden. Die Manteltarifverträge haben keine Mindestlaufzeit mehr.
  • Der Tarifvertrag für die Altersversorgung von Redakteur*innen an Tageszeitungen ist für allgemein verbindlich erklärt worden. Auf diesen hat die Tarifflucht keine Auswirkungen.

Wie kann die Tarifflucht rückgängig gemacht werden?

Am einfachsten wäre es, Funke geht mit der Funke Medien Niedersachsen GmbH und der Funke Harz Kurier GmbH in den Arbeitgeberverband und alle Mitarbeiter*innen der FUNKE Niedersachsen Service GmbH wechseln in die Funke Medien Niedersachsen GmbH. Leider ist davon im Moment nicht auszugehen.

Ein realistisches Ziel wäre ein Anerkennungstarifvertrag zwischen Funke mit ihren drei Gesellschaften und den Gewerkschaften, der auf die Inhalte der Flächentarifverträge verweisen würde.

Ein solcher Tarifvertrag kann nicht allein durch Verhandlungen erzielt werden. Viele Mitarbeitende müssen zum Streik bereit sein.

Wie viel Zeit bleibt den Arbeitnehmer*innen noch?

Auch wenn der Gehaltstarifvertrag noch bis ins Jahr 2024 läuft, sollte auf keinen Fall gewartet werden bis der Tarifvertrag endet, ansonsten droht eine tariflose Zeit. Deshalb sollte schon früher mit Verhandlungen begonnen werden.

Ziel sollte sein, dass es dann keine verschiedenen Gruppen mehr im Unternehmen gibt, die unterschiedlich lange arbeiten und stark abweichende Gehälter bekommen.

Werden sich die Arbeitsbedingungen ohne Tarifverträge verschlechtern?

Die Geschäftsführung hat erklärt, dass sich für den jetzigen Mitarbeiterstamm der Funke Medien Niedersachsen GmbH die Arbeitsbedingungen nicht verschlechtern werden. Die Erfahrung bei anderen Verlagen zeigt aber, dass Arbeitgeber solche Versprechungen sehr oft nicht lange durchhalten.

Die durch die Tarifflucht gewonnene Flexibilität wird letztendlich auch genutzt werden. Dies gilt nicht nur für Neueinstellungen - wie sie jetzt bereits durch die Niedersachsen Services Gesellschaft erfolgen - sondern oft auch für viele Alt-Beschäftigte.


Weitere Fragen?

Christiane Eickmann
Geschäftsführerin im DJV-Landesverband Niedersachsen
eickmann@djv-niedersachsen.de
 

Ursula Meschede
Justiziarin
meschede@djv-niedersachsen.de

Tel.: 0511 – 318 08 08

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