Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Niedersachsen

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Medienexperte

Experimentierräume für Gründer schaffen

30.04.2019

Dr. Christopher Buschow, Bauhaus-Universität Weimar, gibt Impulse beim Journalistentag des DJV Niedersachsen in Hannover

Dr. Christopher Buschow, Bauhaus-Universität Weimar

Dr. Christopher Buschow, Bauhaus-Universität Weimar

Wie organisieren und finanzieren wir zukünftig Journalismus? Das ist die zentrale Frage, die derzeit Journalistinnen und Journalisten sowie die Manager in den Medienhäuser in Deutschland umtreibt. Denn die Zahl der Zeitungsabonnenten sinkt stetig, und auf der Suche nach einem funktionierenden, gewinnbringenden Bezahlmodell für Onlineinhalte befinden sich die meisten Verlagsgruppen derzeit  eher auf einem großen Versuchsfeld denn in der Erfolgsspur.

Dr. Christopher Buschow, Juniorprofessor für „Organisation und vernetzte Medien“ im Fachbereich Medienmanagement an der Bauhaus-Universität Weimar, hatte in seinem Impulsreferat beim Journalistentag des DJV Niedersachsen im Leibnizhaus in Hannover auch keine tröstenden Worte für die Kolleginnen und Kollegen parat. „Das klassische Modell der Tageszeitung – eine tägliche Wundertüte – ist weg. Die Redaktion wird zum Auslaufmodell werden“, betonte der Wissenschaftler. Und: „Es wird in Zukunft nicht wieder geschafft werden, die Erlöse wie bisher über eine Leser-Anzeigen-Finanzierung zu bekommen.“ 

Neue Modelle im Journalismus

„Journalismus neu organisieren: Wie Neugründungen und Start-ups die Medienlandschaft verändern“ war das Thema von Buschow, der vor Weimar als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Habilitand am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik Theater und Medien Hannover tätig war.

Start-ups könnten nach Meinung des Experten bis zu einem gewissen Grad eine Lösung sein. So gebe es Neugründungen, die Erfolg haben. Dazu gehört Mediapart in Frankreich – ein Portal, das inzwischen 80 Mitarbeiter hat und ausschließlich durch seine Leser finanziert wird. Wieso hat das funktioniert? Die Initiatoren seien zur richtigen Zeit mit der richtigen Idee da gewesen, so die Antwort des Wissenschaftlers. Auf dem deutschen Markt sieht er die Riff Reporter als „spannendes Modell“.

Illusorische Vorstellungen der Gründer

Gleichzeitig hat Buschow in seiner Forschung Gründe dafür ausgemacht, warum neue Unternehmungen scheitern. Dazu gehören unter anderem eine illusorische Vorstellung der Gründer von ihrer zukünftigen Tätigkeit und dem Arbeitsaufwand, Rollenkonflikte der Journalisten, die gleichzeitig als Manager agieren müssen, sowie eine Unterfinanzierung des geplanten Start-ups. „Viele, die Journalismus neu organisieren, gehen wieder raus aus dem Journalismus, weil woanders mehr Geld verdient wird“, sagte der Wissenschaftler.

Im Netz herrsche nun mal ein nutzenmaximiertes Denken. Deshalb empfehle er vielen Gründern: „Guckt auf die Nischen – denn da ist das Geld.“ Doch er wisse, dass das auch gefährlich sei. „Denn wer macht dann noch die allgemeine Berichterstattung?“

Kritik an etablierten Medienhäusern

Deutliche Worte fand Buschow für die deutschen Medienhäuser. „Ich bin sauer auf die Verlage, weil sie sich zu wenig engagieren, um die benötigten Experimentierräume für Gründer zu schaffen. Die private Pressewirtschaft ist sich ihrer Verantwortung nicht bewusst“, sagte er. Seiner Meinung nach seien die private Pressewirtschaft, der öffentlich-rechtliche Rundfunk, Stiftungen, Google, Facebook, die Medienpolitik sowie Hochschulen und Universitäten dafür zuständig, Anschubfinanzierungen für Start-ups zur Verfügung zu stellen. „Sie sind alle in der Pflicht, sich dafür einzusetzen, dass es zu einer Neuordnung des Journalismus kommt“, betonte er. Er sehe bei den Verlagen wohl Innovationen - „aber in anderen Geschäftsfeldern“.

In der sich anschließenden spannenden Diskussion ging es unter anderem auch um stiftungsfinanzierten Journalismus. Dazu sagte Buschow: „Ob eine Stiftung der richtige Weg ist, weiß ich nicht.“ Aber das sei bestimmt besser als eine Finanzierung direkt durch die Regierung wie zum Beispiel in Österreich, wo der Staat zur Finanzierung Anzeigen in Zeitungen schalte. Sein Vorschlag: „Zehn Prozent der Rundfunkgebühren direkt in die Landesmedienanstalten stecken.“ In die könnten dann Anschubfinanzierungen für Start-ups organisieren.

Meike Hakemeyer
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